Ein Streifzug durch den Weilenbrink
Stadtgeschichte? Kirchengeschichte? Schulgeschichte?
Man kann diese drei Dinge nicht voneinander trennen. Das zeigt schon der erste Blick in die Geschichte.
Karl der Große ließ in der hier bereits bestehenden Bauernschaft einen Reichshof anlegen. Mit dem Schultheißenhof, der auf dem Gelände des Elisabethkrankenhauses lag und der ersten Kirche, die noch unter der Herrschaft der Karolinger auf dem Boden des Reichshofes errichtet wurde, ist diese Stelle der historische Kern unserer Stadt. Wahrscheinlich ist diese Kirchengründung durch das Kloster Werden veranlasst worden, da dessen Abt Patron der katholischen Stadtschule war. Am Weilenbrink mit der Einfahrt zwischen den Häusern Nr. 3 und 7 lag früher der "Wölenbrinkshof".
Darpe führt den Namen "Wölenbrink" auf "Wöle" eine weise Frau bei den alten heidnischen Sachsen zurück, die auf einer Anhöhe (Brink) ihren Wohnsitz (evtl. eine heidnische Opferstätte) gehabt habe. Als 1536 ein Verzeichnis der Bürger Bochums aufgenommen wurde, wird erwähnt, dass der "Woillenbrink" nach dem Stadtbrand von 1519 noch nicht wieder aufgebaut worden war. Später jedoch taucht das aufgebaute Wirtschaftsgebäude in Urkunden wieder auf, als es 1815 für 1627 Reichsthaler nebst Garten, einer Wiese mit anstoßendem Baumhof vom katholischen Primissariat erworben wurde.
Die katholische Gemeinde ließ später den alten Weilenbrinkshof, der in den Jahren 1850 bis 1860 auch als Schulgebäude für die katholische Rektoratsschule dienen musste, abreißen. Kirche und Schule, in diesem historischen Stadtkern angesiedelt, standen also immer im Mittelpunkt unserer, durch die Industrialisierung so rasanten Stadtentwicklung. Immer wieder umgebaut, neuerrichtet und über lange Strecken hinweg in zwei Gebäuden untergebracht, unterrichtete die Schule lange Zeit mehr als 800 Schüler bei ständigen Klassenfrequenzen von weit mehr als 50 Schülern.
Das Bild zeigt die Schule im Jahre 1913.
(Quelle: Stadtarchiv - Bochumer Zentrum für Stadtgeschichte)
Ein Blick in die Chronik gibt Anlass zum Schmunzeln und Nachdenken.
1910 bis 1930
- 1910: 814 Schüler - Der Schularzt tadelt die Abortanlagen für Knaben. Auf seine Veranlassung wurden Verdampfschalen beschafft.
- 1911: Der Geburtstag seiner Majestät wurde für Knaben und Mädchen getrennt in den Klassenzimmern gefeiert. Die Feiern machten bei aller Unzuträglichkeit auf die Kinder keinen besonderen Eindruck.
- 1912: Beim Sportfest auf der Spielwiese am Rechener Busch errangen drei Knaben unserer Schule für treffliche Leistungen im Laufen und Springen Eichenkränze.
- 1915: Von der städt. Kriegsfürsorge wurden der Weilenbrinkschule ein 125 Ruten großes Grundstück zugewiesen und von den Schülern in den Turnstunden umgegraben, damit fünf Kriegerfamilien es als Gemüsegarten nutzen konnten.
- 1916: An mehreren Tagen des Jahres fiel der Unterricht aus, weil sämtliche Lehrer bei der Volks- und Viehzählung, der Erhebung des Kartoffelbestandes und der Ausgabe von Rot- und Fleischkarten beschäftigt waren.
- 1917: Die Hausmeister der Schulen bekamen nur noch 2 Liter Petroleum zugewiesen.
- 1918: Für zwei Wochen fiel der Unterricht aus, weil das Heer zurückflutete und die Klassenräume zur Aufnahme bereitgehalten werden mussten.
- 1920: Die Grippe wütete. Zeitweise fiel daher der Unterricht aus.
- 1923: Besetzung der Stadt Bochum durch die Franzosen mit allem Kriegsgerät. 213 Schüler unserer Schule wurden wegen der wirtschaftlich schweren Zeit aufs Land geschickt. Unserer Schule wurden täglich 135 Liter Milch zugewiesen.
- 1924: Französische Sanitätsoffiziere besichtigen unsere Schule mit dem Wunsch, das Gebäude zum eingerichteten Lazarett im benachbarten Lyzeum hinzuzunehmen. "Das Unglück geht vorbei, weil unsere Schulräume nicht schmuck genug sind." Das Musizieren wird den Schulklassen verboten.
- 1925: Am 17. September besuchte Reichspräsident von Hindenburg die Stadt Bochum. Bei den stattfindenden Bannerwettkämpfen der Volksschulen erhielt ein Schüler unserer Schule eine Urkunde der Reichspräsidenten
- 1926: Wegen der geldknappen Zeit wurden während des ganzen Jahres an der Schule keine Schausteller und Fotografen zugelassen.
- 1927: Bei dem Schülerkonzert der kath. Volksschulen trug ein "Sprechchor" unserer Schule zwei Gedichte in heimischer Mundart vor.
- 1928: Besuch einer Aufführung im Stadttheater mit allen Schülern unserer Schule.
- 1929: 12. September: Zeppelin über Bochum- "Die Schule benutzte dieses bedeutsame und seltene Schauspiel zu Ausflügen auf die benachbarten Höhen der Lohbergbrücke, des Schützenhofes und des Stadtparks."
- 1930: Elternsprechtag für alle Klassen. 35% der Eltern erschienen zum Elternsprechtag.
- [...]
Dieser Blick in die Schulchronik zeigt, dass ein Spaziergang durch den "Weilenbrink" auch ein Spaziergang durch Bochums Geschichte ist. Dieser Verknüpfung war sich der ehemalige Rektor Kleff unserer Schule wohl bewusst. Er erwarb sich große Verdienste um die Geschichte unserer Stadt, der er sich ab 1920 auch als Archivar widmete.
Nachdem das Gebäude während des zweiten Weltkriegs stark in Mitleidenschaft gezogen wurde, konnte es nach aufwändiger Renovierung von August 1953 bis Januar 1954 im neuen Glanz erstrahlen. Übergangsweise hatten zu dieser Zeit fast 900 Kinder Unterricht in diesem Gebäude, was daran lag, dass zwei evangelische Volksschulen ausgebombt waren und dieses Gebäude mitnutzen mussten. Dieses bedeutete Unterricht im Doppelschichtbetrieb; in der heutigen Zeit kaum noch vorstellbar.
Inzwischen ist vom alten Weilenbrink nur noch unsere Schule übrig, die sich aber im Laufe der Zeit auch baulich stark verändert hat. Das alte Schulgebäude ist auf dem folgenden Bild aus dem Jahre 1998 letztmalig zu sehen, bevor es dann zusammen mit dem alten Stadtbad abgerissen wurde, um dem Neubau des Schwimmbades zu weichen.
(Quelle: Stadt Bochum - Presse- und Informationsamt)
Die Weilenbrink-Schule zog zu diesem Zeitpunkt in das Gebäude der ehemaligen Hauptschule an der Arndtstraße ein, in dem wir auch heute noch zu finden sind. Dieses Gebäude wurde vom Architekten Dieter Oesterlen geplant und von 1962 bis 1964 gebaut. Die Einweihung war am 21.09.1964. Fast 35 Jahre lang war die Hauptschule an der Arndtstraße bis zu ihrer Schließung dort untergebracht, bis unsere Grundschule die Räumlichkeiten bezog.
Historisch gesehen ist es damit schon das dritte Gebäude, das den Namen der Weilenbrink-Schule trägt. Das erste Gebäude wurde bereits im Oktober 1852 fertiggestellt und hieß wegen seiner anfänglichen Eisenfenster bei den Bochumern nur "die Fabrik". Es beherbergte die Städtische höhere Töchterschule, später dann das Freiherr-vom-Stein-Oberlyzeum.
Heute tummeln sich (nur) noch über 200 Kinder unserer jüngsten Generation. Sie lernen hier wie Generationen zuvor das Lesen, Rechnen und Schreiben. Wo man einst nur mundartliche Laute hörte, ist nicht nur die hochdeutsche Sprache eingekehrt. Sprachen vieler Länder vernimmt man in der Pause.
Auf dem Unterrichtsplan erscheint in der ersten Klasse als Fremdsprache sogar Englisch. Bei Schulsportfesten oder Aufsatzwettbewerben zeichnen sich wie eh und je Schüler unserer Schule aus. Das musische Tun und die Förderung der Kreativität nehmen heute sicher einen breiteren Raum ein als früher, weil andere pädagogische Gesichtspunkte gelten. Doch eines ist die Schule ganz sicher geblieben, das, was sie zu jeder Zeit auch war: eine Stätte für unsere Kinder, das Wertvollste, was wir besitzen.